Reinhard Mey

Kaspar Hauser

Reinhard Mey


Tom: Am

E      022100
G      320003
 
 
 
        Am                  D
1.  Sie sagten, er käme von Nürnberg her
           Am                  C  E  Am
    und er spräche kein Wort.
            Am                     D
    Auf dem Marktplatz standen sie um ihn her
           Am                C  E  Am
    Und begafften ihn dort.
        C
    Die einen raunten: "Er ist ein Tier"
        Am
    Die andern fragten: "Was will der hier?"
        D                    G
    Und daß er sich doch zum Teufel scher'.
        C                  E     Am
    "So jagt ihn doch fort,   so jagt ihn doch fort!"
 
 
         Am                   D
2.  Sein Haar in Strähnen und wirre,
         Am                 C  E  Am
    Sein Gang war gebeugt.
          Am              D
    "Kein Zweifel, dieser Irre
             Am                C  E  Am
    Ward vom Teufel gezeugt."
        C
    Der Pfarrer reichte ihm einen Krug
          Am
    Voll Milch, er sog in einem Zug.
        D                     G
    "Er trinkt nicht vom Geschirre,
                C                E             Am
    Den hat die Wölfin gesäugt,   den hat die Wölfin gesäugt!"
 
 
         Am            D
3.  Mein Vater, der in uns'rem Orte
    Am                 C  E  Am
    Schulmeister war,
         Am                 D
    Trat vor ihn hin, trotz böser Worte
     Am                  C  E  Am
    Rings aus der Schar;
       C
    Er sprach zu ihm ganz ruhig, und
        Am
    Der Stumme öffnete den Mund
        D             G
    Und stammelte die Worte:
           C       E       Am
    "Heiße Kaspar,   heiße Kaspar".
 
 
         Am            D
4.  Mein Vater brachte ihn ins Haus,
           Am        C  E  Am
    "Heiße Kaspar!"
          Am                 D
    Meine Mutter wusch seine Kleider aus
        Am                     C  E  Am
    Und schnitt ihm das Haar.
    C
    Sprechen lehrte mein Vater ihn,
    Am
    Lesen und schreiben und es schien,
        D                      G
    Was man ihn lehrte, sog er in sich auf -
        C             E     Am
    Wie gierig er war,   wie gierig er war!
 
 
        Am             D
5.  Zur Schule gehörte derzeit
             Am             C  E  Am
    Noch das Üttinger Feld,
       Am          D
    Kaspar und ich pflügten zu zweit,
             Am               C  E  Am
    Bald war alles bestellt;
        C
    Wir hegten und pflegten jeden Keim,
    Am
    Brachten im Herbst die Ernte ein,
            D              G
    Von den Leuten vermaledeit,
              C               E           Am
    Von deren Hunden verbellt,   von deren Hunden verbellt.
 
 
        Am                D
6.  Ein Wintertag, der Schnee lag frisch,
           Am       C  E  Am
    Es war Januar.
          Am                D
    Meine Mutter rief uns: "Kommt zu Tisch,
        Am               C  E  Am
    Das Essen ist gar!"
         C
    Mein Vater sagte: "...Appetit",
        Am
    Ich wartete auf Kaspars Schritt,
         D            G
    Mein Vater fragte mürrisch:
               C         E           Am
    "Wo bleibt Kaspar?,   wo bleibt Kaspar?"
 
 
        Am               D
7.  Wir suchten, und wir fanden ihn
            Am                  C  E  Am
    Auf dem Pfad bei dem Feld,
        Am              D
    Der Neuschnee wehte über ihn,
         Am                      C  E  Am
    Sein Gesicht war entstellt.
        C
    Die Augen angstvoll aufgerissen,
         Am
    Sein Hemd war blutig und zerrissen.
        D                G
    Erstochen hatten sie ihn,
            C                E         Am
    Dort am Üttinger Feld,   dort am Üttinger Feld!
 
 
        Am         D
8.  Der Polizeirat aus der Stadt
               Am         C  E  Am
    Füllte ein Formular.
          Am                D
    "Gott nehm' ihn hin in seiner Gnad",
           Am            C  E  Am
    Sagte der Herr Vikar.
        C
    Das Üttinger Feld liegt lang schon brach,
        Am
    Nur manchmal bell'n mir noch die Hunde nach,
         D                                   G
    Dann streu' ich ein paar Blumen auf den Pfad,
        C       E     Am
    Für Kaspar,   für Kaspar.
 
 
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Transcribed by: Freddie Abel