Reinhard Mey

Das Butterbrot

Reinhard Mey


Tom: C#m

     E                     A             E
Zehn Minuten dauerte die große Autofahrt genau.
           C#m              A            F#m             B
Dann stand ich auch schon gestrandet in einem biblischen Stau:
     E            A            B                  E
Eine Baustelle am Horizont, Vollsperrung, ich sah rot,
         A              E          B               E
ich fluchte, spielte am Radio und suchte mein Butterbrot.
         B                              E          B    E
Ich fand es verlockend knisternd im Handschuhfach, eine Pracht!
      A            E                 A      F#7  B
Diese Art von Butterbrot, die keiner so wie Ilse macht:
         E                              A            E
Noch das Brotpapier beschriftet mit "E" und "R" fürsorglich,
       G#m            A             B              E
dieses "E" heißt Emmentaler und das "R", es ist für mich.
        G#7                      C#m
Ich packte es aus, es duftete betörend
         G#m          A             F#m   B
noch die warme Backstube heraufbeschwörend.
          E                          A               E
Die knusprige Kruste splitterte, lustvoll biß ich hinein
         G#m        A           C#m F#m  A  B   E
und mir fielen alle Butterbrote mei nes  Lebens ein:


[Verse 2]
      E                           A             E
Diese Köstlichkeit, die meine Oma mir auf einem Brett
      C#m            A                F#m           B
mitleidig ins Zimmer schob "Tja, ohne Abendbrot ins Bett!"
      E                A                  B                       E
Ein Radieschenbrot und eins mit Quark und Schnittlauch, welch ein Fest!
         A             E            B            E
Und noch eins mit Rübensirup, ich liebte Stubenarrest!
     B                              E      B     E
Oder wenn mein Vater abends von der Arbeit wiederkam
        A           E            A  F#7    B
und aus seiner Aktentasche diese Alubüchse nahm,
        E                          A          E
die ein roter Einweckgummi doppelt genommen umschloß,
       G#m          A                 B            E
den er sorgfältig abstreifte, wie ich dieses Spiel genoß.
        G#7                         C#m
Wenn er den matt-silbrigen Deckel aufmachte
        G#m            A                F#m  B
und vom Brot, das er wieder nach Hause brachte,
        E                              A            E
mir und meiner Schwester schweigend je eine Hälfte anbot.
             G#m       A            C#m F#m  A  B  E
Hab' nie was Besseres gegessen, als Va  ters Hasenbrot.


[Bridge]
        A                             G#m
Was war das für ein steinhartes und zugleich köstliches Brot,
        A                                   G#m
das man Mutter auf dem Schwarzmarkt für die alte "Leica" bot!
         A           G#m                    A                G#m
"Es gibt kein hartes Brot, es gibt nur kein Brot und das ist hart!"
           F#m            A                F#7            B
Den Spruch hab ich früh gelernt, begriffen und mir wohl bewahrt:
       E                            A           E
Keinen Bissen soll ich kriegen oder ersticken daran,
         G#m              A               B            E
wenn ich jemals ein Stück Brot achtlos zu Boden werfen kann!


[Verse 3]
        E                            A                E
Ich hab bei Meistern gegessen, Sternezaubrern hinterm Herd,
     E                        A             E
aber was ich über ihre Künste nie vergessen werd,
        E                  A              B            E
ist das Brot, das warm und luftig aus der Meisterküche kam
        A              E             B             E
und den Abdruck meiner Zähne mit der dicken Butter nahm,
        B                            E      B      E
ist das Tellerchen, das ich meiner Mutter bereitet hab,
        A             E                A       F#7      B
das dem Tellerchen so ähnlich war, das sie als Kind mir gab:
        E                              A                 E
Brot zu Würfeln klein geschnitten ohne Rinde, das, wie's scheint,
     G#m             A                B             E
alle Kinder kriegen, wenn's das Leben gut mit ihnen meint -
         G#7                          C#m
Auch was mich angeht: Für meine letzte Reise
        G#m           A        F#m  B
Begehr' ich keine königlichere Speise!
       E                          A                 E
Hupen, Anlasser, Motoren, der Weg war nicht mehr verstellt,
         G#m            A            B              E
ich fuhr an und dachte: Ich hab alle Reichtümer der Welt!
         E                               A           E
Ich kann atmen, ich kann lieben, und ich leide keine Not.
        G#m             A                C#m F#m A  B  E
Ich bin frei und hab in meinem Handschuhfach ein Butterbrot!