Klaus Hoffmann

Kreuzberger Walzer

Klaus Hoffmann


Wenn det Gebimmel Evangelen und Katholen 
zum heilgen Umtrunk holt, 
sonntags, 
da mach ick ma auf, 
leicht geschminkt vom Kohlenholen 
trab ick nach Kreuzberg. 

An der Mauer blühen schon Veilchen, 
und die Grenzer tragen Grün. 
Wir lieben uns im Stehn ein Weilchen 
und sehn ´ne blasse Taube in den Osten fliehen. 
Du nimmst meine Hand im Gehen, 
wir küssen uns von Herz zu Herz. 
Wir bleiben jetzt öfter stehen 
und spürn ´ne Musik unsre Körper durchziehn, 
die läßt uns wohlergehn. 

Das ist der Kreuzberger Walzer, 
der haut dir den Schmalz aus´n Ohren, 
der läßt dich erzittern abends um acht, 
und morgens beginnt er von vorn. 
Und wie zwee kleene Speckbuletten sind 
wir schon beede fett vor Glück, 
zerfetzen wir den Tangoschritt 
und nehmen einen Walzer mit 
und steigen zum Mont Kaputt, 
gebaut auf Städteschutt, 
und zeigen dieser Stadt den Arsch. 
Der Walzer wird bestimmt kein Marsch, 
und wie zwee griffige Akkordeons 
plärren wir dein und mein Chanson 
und sind jetzt eins geworden. 

Zwischen Checkpoint Charly und Bernauer 
spiel ick sonntags Tennis an der Mauer. 
Mit der Linken üb ick Rückhand, 
so hau ick den Ball über den Wall 
ins andere Land. 
Det ist jetzt ´n Volkssport geworden, 
det Mauercuptennismatch, 
am Sonntag da stehen die Horden 
und haben Kontakt auch ohne Vertrag 
von Ost nach West. 

Das nennt man den Kreuzberger Walzer 
das Mauercuptennismatch, 
das spielt man am Sonntag von West nach Ost 
und och von Ost nach West. 
Und wie zwee kleene Speckbuletten sind 
wir schon beede fett vor Glück.