Kurti steht vor meiner Tür in dieser Regennacht, In Tränen aufgelöst, hat seinen Hausstand mitgebracht. Unter einem Arm hat er die Isomatte und Unter dem andern seinen nassen, alten Zottelhund. Und Kurti sagt: "Keule, weißt du wa..?" Ich sag: "Na klar, daß sie dich wiedermal verlassen hat!" Er sagt: "Genau, und das Leben hat jetzt keinen Sinn Mehr!", ich sag: "Komm erstmal rein, das krieg'n wir schon wieder hin!" "Nein", sagt Kurti, "diesmal nicht, diesmal ist es viel schlimmer, Diesmal ist es vorbei, diesmal ist es für immer!" Und plötzlich halt ich diesen Riesenkerl im Arm Und er schluchzt in meinen Nacken, daß Gott erbarm. "Komm in die Küche!", sag ich, "setz dich, erzähl erstmal" "Ach", sagt er, "sie ist weg und jetzt ist alles ganz egal!" Ich weiß, wenn ihm ein Wort so auf der Seele brennt, Daß er sich nicht so ohne weit'res davon trennt, Doch dann bricht's aus ihm heraus, dann sprudelt er los, Schüttet sein Herz aus, der nasse Hund will auf den Schoß Und auf dem Fußboden rings um die zwei entstehn Aus Regentropfen und aus Tränen kleine schmutzige Seen. Und Kurti sagt: "Du, entschuldige Keule, Wenn ich dir hier die ganze Küche vollheule!" Und Kurti grummelt leise "Bitte, sei nicht bös, Ich glaub, mein Hund ist etwas undicht, oder ich sach mal: porös" "Kopf hoch, Kurti!" sag ich, "du bist nicht allein, Irgendwann sind wir doch alle mal hilflos und ganz klein, Sind wir alle so verzweifelt, wie damals als Kind, Als wir eines Nachts von zuhause abgehauen sind. Aber ich bin ja bei dir, na los, komm schon, Mann, Ich hab ein breites Kreuz - sieht man mir nur nicht so an - Lad deinen Kummer ab, lad ihn mir einfach auf!" "Ach ja" schluchzt er, "Du bist ja immer so verdammt gut drauf! Du hast gut lachen, Manno du hast gut reden, Gewinnst doch jeden Blumentopf, Mann, wirklich jeden. So kann nur einer reden, dem alles gelingt, Der sich für den Nabel der Welt hält, nur weil er trällert und singt!" "Ey Kurti, langsam, paß auf, Alter, krass, Ich wein mir manche Nacht mein Kopfkissen naß. Manchmal knick ich ein und manchmal bin ich ganz still Wegen 'ner alten Wunde, die nicht heilen will. Manchmal bin ich zu Tod betrübt und weiß nicht warum". Kurti weint nicht mehr und betrachtet mich stumm. Und ich frag mich, ob er denn nun wirklich nicht weiß, Daß ich manchmal vor Angst in die Tischkante beiß. Ein merkwürd'ges Paar, wie wir beide da sitzen, Ich seh ein Lächeln in seinen Augen aufblitzen, Er wischt die Tränen ab und schneuzt sich glatt In das Handtuch, mit dem er grad seinen Hund abgetrocknet hat. "Tja, Kurti, keiner hat nur Schuld und keiner hat nur Recht, Keiner ist immer ganz gut und keiner immer ganz schlecht!" Als ich das sag, merk ich, verzieht sich mein Gesicht Zu der Grimasse, die man macht, eh man in Tränen ausbricht. Und Kurti sagt: "Also Keule, mach dir nichts draus, Na ja, ich geh dann wohl mal besser wieder nach Haus." Und ich find keinen Schlaf, ich liege grübelnd wach, Ich denk die ganze Nacht über die arme Socke nach, Ich kenn seinen Schmerz, ich spür' seinen Kummer. Da schrillt das Telefon in meinen ersten Schlummer, Und Kurti fragt: "Keule bist du's?", ich sag: "Ja!" Und Kurti sagt: "Danke, Alter, sie ist wieder... da!"