Heinz Rudolf Kunze

Auszeiten

Heinz Rudolf Kunze


Manchmal melde ich mich nicht
das Handy ist aus
der Bildschirm glotzt stumpf und grau
wie die erloschenen Augen antiker Marmorköpfe
dann unterschreibe ich Briefe die ich
nicht geschrieben habe MIT UNENDLICHEN GRÜSSEN

Manchmal melde ich mich nicht
dann kaue ich russischen Prinzessinnen
die Fußnägel formschön und mildweich gerundet
meine Zähne können das genauer
und empfindungsschonender als jede Feile
oder ich kraule einfach nur stillvergnügt meinen Ziegenbart

Manchmal melde ich mich nicht
dann hab ich es satt ein Satyr zu sein
Satiriker schon lange
dann wird mein Profil sfumato gemalt
und mein Zögern klingt deutlich sforzato
was sein muß muß sein

Manchmal melde ich mich nicht
dann bin ich so schwarz unbetretbar
wie der deutsche Wald im Spätmittelalter
und was ihr auch immer hineinruft
ich bin nicht die Auskunft und keine Seite an mir ist gelb
ich rufe nicht zurück

Manchmal melde ich mich nicht
das ist eines der schönsten Gefühle
ein schimmerndes Ei bekommt Risse
ein kleiner Dinosaurier macht große Kulleraugen
ruhiges Licht stellt keinerlei Fragen
und kräftigt die Stille in allen Dingen

Manchmal melde ich mich nicht
am liebsten dann wenn ich aufgerufen bin
rechnet nicht mit mir
ich weiß, daß ich Schmeißfliegen
zwischen den Fußsohlen klatschen kann
aber warum eigentlich immer ich

Schaut mir nicht zu
es gibt nichts zu sehen
ich bin kein besonderes Vorkommnis
freilich bin ich schneller als der Himalaya
freilich umfaßt meine Sorge euch alle
aber was um alles in der Welt geht euch das an

Aber was um alles in der Welt geht euch das an
Aber was um alles in der Welt geht euch das an
Aber was um alles in der Welt geht euch das an